Fluch und Segen einer bargeldlosen Zukunft
Die einen arbeiten Tag für Tag stetig an der Abschaffung von Münzen und Scheinen. Die anderen kämpfen für die Beibehaltung des Bargeldes zur Sicherung von Freiheit und Datenschutz. Welche Seite wird gewinnen – wie bargeldlos wird unsere Zukunft sein? Mit welchen Konsequenzen müssen wir dabei leben?
Was heißt bargeldlos?
Bargeldloses Zahlen kann in vielfältiger Weise erfolgen:
- Mit Kreditkarte oder per Girokarte
- Über aufgeladenes Guthaben eines Geldchips
- Per App auf dem Smartphone
- Per Near Field Communication (NFC) – bargeldlos Zahlen per Funk, meist auch über das Smartphone
- Per Fingerabdruck
- Per implantierten RFID-Chip unter der Haut
- Online mittels Eingabe von Zugangsdaten (Papal und Co.)
Der momentane Stand
Wir Deutschen sind nach wie vor Freunde des Bargeldes. Die Euros in Schein- und Münzform sind mit 79 % das meistgenutzte Zahlungsmittel in Deutschland. Durchschnittlich liegen die Rechnungen bei den Barzahlungen bei 13 bis 14 Euro, die bei EC-Karten-Zahlung bei 30 Euro und bei Kreditkartenzahlung bei sogar bei 59 Euro.
Bis 2020 wird für die Eurozone nur eine bescheidene Steigerung der digitalen Zahlungsvorgänge im Rahmen von 6,5 % erwartet.
In Australien und China wird bereits viel mehr bargeldlos bezahlt als hierzulande. Dabei wird eine Vielzahl von Lösungen eingesetzt. China und Indien fördern den bargeldlosen Zahlungsverkehr von staatlicher Seite und erwarten Zuwachsraten von rund 36 % in den nächsten fünf Jahren (China).
So stellt sich die weltweite Prognose in einer Grafik für die kommenden Jahre dar:
Weltweite Entwicklung bargeldlosen Zahlens. Quelle für die Graphik ist der Online-Kreditvergleich von Smava.
Auch hierzulande forschen Edeka, Metro und REWE an Bezahlsystemen, die nur noch einen Fingerabdruck benötigen. Kassen mit derartigen System bestehen dann nur noch aus einem Tablett, ein Kasten für Scheine und Münzen ist nicht mehr nötig.
Zahlen ohne einen Finger zu krümmen
Alternativ könnten sich Systeme wie das von SumUp durchsetzen. Dabei installiert der Kunde eine App auf dem Telefon und hinterlässt seine Konto- und Zugangsdaten bei SumUp. Im Geschäft eines teilnehmenden Händlers muss der Kunde nichts mehr zum Bezahlen unternehmen – automatisch verbindet sich die App mit dem Kassensystem des Händlers und lässt dort das Foto des Kunden erscheinen. Der Händler muss dann nur noch das Foto vergleichen und gibt bei Übereinstimmung die Bezahlung frei.
Warum sollte ich überhaupt in Zukunft mehr bargeldlos bezahlen wollen?
- Hauptvorteil bargeldlosen Zahlens dürfte der Wegfall des Geldholens beim Bankautomaten sein. Das – dann sehr leichte – Portemonnaie bleibt schlank in der Hosentasche und wird nicht durch Münze und Scheine unnötig schwer und unförmig.
- Damit einher gegen weitere Vorteile. Bargeld kann hin und wieder verloren gehen oder geklaut werden. Beides entfällt bei bargeldlosem Zahlungsverkehr.
- Zudem muss ich bargeldlos nicht lange überlegen, wie viel Geld ich jetzt abheben oder mitnehmen muss – ich habe einfach immer genau den passenden Betrag zur Hand.
- Vielleicht sind Sie Finanzminister und haben die Studie der Steinbeis-Hochschule gelesen, in der Ihnen 35 Milliarden Euro Mehreinnahmen in Aussicht gestellt werden, wenn alle Geschäfte nur noch bargeldlos vonstatten gingen. Schwarzarbeit, Geldwäsche, Drogenhandel, Mafiaeinnahmen – alles würde in einem bargeldlosen Zahlungsraum deutlich zurückgehen.
Die Zeit des Bargeldes scheint unaufhaltsam abzulaufen
Welche Nachteile hat bargeldloses zahlen?
Wir raten in unseren prinzipiellen Geldregeln dazu, möglichst alle Ausgaben bar zu bezahlen. Es zeigt sich auch in Studien, dass Barzahler ihre Ausgaben besser im Überblick haben und darum nicht so schnell in einen negativen Kontostand rutschen.
Diesem Nachteil bargeldlosen Zahlens kann vermutlich durch bessere Technologie, z.B. Konzentration auf ein Zahlungssystem mit stetem Kontostandsüberblick, beigekommen werden.
Etwas kritischer ist das Kontra-Argument der Bargeld-Befürworter, dass wir mittels bargeldlosem Zahlen zum gläsernen Bürger werden. Gelingt es einem Hacker, meinen Zahlungsdienst zu knacken, kennt dieser viele meiner Vorlieben, die ich durch meine Käufe offenbare. Eventuell sind darunter auch Neigungen und Hobbies, die ich gerne für mich behalten hätte, die mich vielleicht sogar erpressbar machen? Die ich gerne vor dem Finanzamt geheim gehalten hätte ... Im Rahmen der Snowden-Enthüllungen wurde bekannt, dass die amerikanische NSA schon heute Kreditkartendaten ausliest.
Der gemeine Schwede pfeifft mittlerweile aufs Bargeld
Welches Land ist bargeldloser Vorreiter?
In Schweden spielt Bargeld mittlerweile kaum noch eine Rolle. Die dortigen Großbanken SEB und Nordea haben sich auf Swish geeinigt: Ein mobiles Zahlungssystem, mit der sich auch Bezahlungen von privat zu privat ganz einfach über das Smartphone durchführen lassen. Nordea bietet darum nur noch in jeder dritten Filiale überhaupt Bargeld an.
Rund 80 % aller Transaktionen in Schweden werden mittlerweile elektronisch oder per Bankkarte getätigt. Es scheint die Bürger nicht groß zu stören, dass Ihnen das Bargeld sukzessive genommen wird.
Dänemark liegt nicht weit dahinter: Dort sind es rund 75%.
Dänemark und Schweden gehen soweit, dass konkrete Planungen für die Abschaffung der Geldnoten ins Rollen gekommen sind. Wir dürfen gespannt sein, was die Zukunft in Deutschland bringen wird. Werden wir in die Fußstapfen der Skandinavier treten oder uns die Möglichkeit des anonymen Bargeldzahlens bewahren?