Thomas Knedel, Immobilienökonom

"Corona hat der Immobilienbranche weniger geschadet als gemeinhin befürchtet wurde"

Während sich seine Klassenkameraden noch mitten in der Selbstfindungsphase befanden, beschäftigte sich Thomas Knedel bereits intensiv mit dem Thema Immobilienanlage. Mittlerweile nutzt er sein Know-how als Bauingenieur und Immobilienökonom sowie seine mehr als 20-jährige Erfahrung, um Seminare zu geben, Bücher zu schreiben und den jährlich stattfindenden Immopreneur-Kongress zu veranstalten. Uns stand er zur aktuellen Situation des Immobilienmarkts Rede und Antwort.  

Thoma Knedel

Geld-Welten:
Herr Knedel, Sie sind ein Kenner der Immobilienbranche. Wie sehr hat die Branche in den letzten Wochen und Monaten unter der Corona-Krise gelitten?

Thomas Knedel:
Die Immobilienbranche wurde wie alle anderen Wirtschaftsbereiche vom Lockdown natürlich auch erst einmal ziemlich paralysiert. Zahllose Präsenztermine wurden kurzfristig abgesagt, Besichtigungen konnten ebenfalls nicht stattfinden. Nichtsdestotrotz dreht sich das Immobiliengeschäft aber eben auch sehr stark um das Thema Anlagesicherheit. In unsicheren Zeiten streben die Menschen nach extrem krisensicheren Investitionsmöglichkeiten. Nach der ersten Flaute konnte man dementsprechend wieder einen stabilen Aufschwung bei der Nachfrage feststellen. Parallel suchten und suchen die Akteure der Immobilienbranche sehr engagiert und kreativ nach Alternativen, um die anstehenden Aufgaben so gut wie möglich zu erledigen. 

Geld-Welten:
Welche Chancen und Risiken haben sich daraus ergeben?

Thomas Knedel:
Glücklicherweise stehen uns heute zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, um reine Routineaufgaben zufriedenstellend zu digitalisieren und zu automatisieren, Objekte auch online in hochauflösender 360°-3D-Optik zu präsentieren sowie Meetings und Gespräche per Videoconferencing durchzuführen. Im Immobiliensektor lässt sich auch ein großer Teil der Arbeit problemlos  im Home-Office erledigen. Als Risiko stand vornehmlich im Raum, das bei sehr investitionsintensiven Geschäften so wichtige persönliche Vertrauensverhältnis nicht ausreichend ausprägen und verfestigen zu können.

Geld-Welten:
Sie sprechen von Automatisierung und Digitalisierung. Wie genau können die Verbraucher davon profitieren?

Thomas Knedel:
Mindestens im gleichen Maße wie auch Investoren, Makler und Verwaltungsunternehmen! Sie ersparen sich eigentlich unnötige Wege, können sich schon im Vorwege wesentlich umfassender und aussagekräftiger mit den Objekten beschäftigen und Zusatzangebote in Anspruch nehmen, die im richtigen Moment ihrem momentanen Bedürfnis entsprechen. Digitalisierung bedeutet eben auch Individualisierung, die Zielgenauigkeit von Vermarktungsaktivitäten nimmt mithilfe künstlicher Intelligenz immer weiter zu. Gleichzeitig lässt sich auch die Vorqualifizierung wesentlich effektiver  durchführen. Wichtig ist nur, dass die Verbraucher stets selbst entscheiden können, welche Daten sie wem zur Verfügung stellen und ob sie tatsächlich jedes Mal der digitalen Variante den Vorzug geben.

Geld-Welten:
Digitalisierung wird in vielen Branchen mit Verlust von Arbeitsplätzen gleichgesetzt. Was entgegnen Sie dem gerade mit Blick auf den Immobilienmarkt?

Thomas Knedel:
Inwieweit letztendlich Arbeitsplätze wegfallen, hängt primär davon ab, mit welchen Aufgaben die betroffenen Mitarbeiter konkret befasst waren. In der Immobilienbranche wird und bleibt man nur dann erfolgreich, wenn man sich gegenüber seinen Mitbewerbern mit einem klaren Profil, einem echten Unterscheidungsmerkmal und – meiner persönlichen Erfahrung nach – mit der Bereitschaft, die vielbeschworene Extrameile zu gehen, absetzen kann. Viele Mitarbeiter in der Immobilienwirtschaft sind aber immer noch damit beschäftigt, eher anspruchslose Routinearbeiten manuell zu erledigen. Wenn dieses ungeliebte aber notwendige Fundament größtenteils durch den pfiffigen und innovativen Einsatz von künstlicher Intelligenz "weggeschafft" werden kann, stehen die in der Regel umfassend qualifizierten und hochmotivierten Mitarbeiter wieder bereit, das Vertrauensverhältnis zum Kunden weiter auszubauen. Auch für das Service-i-Tüpfelchen stehen dann deutlich mehr Ressourcen zur Verfügung.

Geld-Welten:
Und wie schätzen Sie die Zukunft der großen Vermieter Land auf Land ab ein? Können sie ihre Arbeitnehmer auf diesen Modernisierungsschub vorbereiten oder hat dieses Segment als Arbeitgeber langfristig wenig Potential?

Thomas Knedel:
Der Bedarf an Wohnungen aller Preiskategorien ist grundsätzlich natürlich auch weiterhin vorhanden. Gerade in Ballungsräumen müssen Politiker, Behördenvertreter und Vermieter immer tiefer in die Trickkiste greifen, um der Nachfrage einigermaßen gerecht zu werden. Die großen Vermieter stehen vor der Aufgabe, ihre Mitarbeiter kontinuierlich weiterzubilden und für entsprechend anspruchsvolle Aufgaben jenseits der KI-geeigneten Routine zu qualifizieren. Hier liegt der Ball aber nicht nur im Feld der Arbeitgeber, auch von den Arbeitnehmern kann man erwarten, dass sie sich entsprechend engagieren, Angebote annehmen und auch eigeninitiativ ihre Kompetenzen erweitern.       

Geld-Welten:
Herr Knedel, eine letzte Frage: Wo sehen Sie den Immo-Markt in fünf Jahren?

Thomas Knedel:
Angesichts der – zumindest aus meiner Perspektive unvorhersehbaren Ereignisse – in der ersten Hälfte dieses turbulenten Jahres bin ich sehr vorsichtig mit Prognosen geworden.

Erleben wir keinen weiteren massiven Lockdown, kann ich mir aber sehr gut vorstellen, dass sich der allgemeine Aufwärts-Trend, der bis Anfang 2020 zu beobachten war, nach einer mehr oder weniger ausgeprägten Konsolidierungsphase wieder weiter fortsetzen wird, wenngleich ich die massiven Steigerungsraten der letzten Jahre nicht mehr in dieser Ausprägung sehe. Wie bereits erwähnt: die Menschen setzen in eher unsicheren Zeiten auf besonders wertstabile Anlageformen. Gleichzeitig gehe ich aber auch davon aus, dass sich der Home-Office-Anteil wieder ein wenig abflacht.

Die angestellte Remote-Arbeit in den eigenen vier Wänden wird aber langfristig zu einer allgemein akzeptierten Alternative zur Tätigkeit in Unternehmensräumlichkeiten werden. Insofern wird der gewerbliche Raumbedarf vielleicht ein wenig zurückgehen, Menschen aber bei der Suche nach Wohnungen dann auch Objekte bevorzugen, die über eine Home-Office-geeignete Raumaufteilung und Lage mit entsprechender Infrastruktur verfügen.

Ob sich dies aber wesentlich auf den gesamten Immobilienmarkt auswirkt, kann ich wirklich nicht sagen. Unterm Strich wird die Immobilienbranche aber auch 2025 oder 2030 ein wichtiger Wirtschaftszweig bleiben.

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter Bödeker hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und bei einem Kapitalanlageunternehmen (für geschlossene Fonds) ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten.

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