Entfall vom Solidaritätszuschlag: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Soli
Der Solidaritätszuschlag: Fast jeder Mensch kennt ihn - doch wie wir er berechnet und für wen wird er fällig? Warum wurde der Solidaritätszuschlag eingeführt und wird er jetzt wieder abgeschafft? Diese und weitere Fragen sollen im Folgenden für Sie geklärt werden.
Der schrittweise Entfall des Solidaritätszuschlages ► Wer zahlt bis wann wieviel? ► Wer ist seit 2021 raus aus dem Soli? ► Schrittweiser Abbau ► Die Geschichte und wechselnde Begründung vom Soli ► Wechselnde Verwendung ► Die Zukunft vom Soli
1. Ein kurzer Einblick in die Geschichte des Solidaritätszuschlags
Der Solidaritätszuschlag wurde 1991 eingeführt und sollte ursprünglich auf ein Jahr befristet sein. Anlass war die Finanzierung von Mehrbelastungen, die unter anderem aus dem Konflikt am Golf und die Unterstützung von europäischen Ländern resultierte. In der breiten Öffentlichkeit wird vorwiegend die Finanzierung der Kosten der deutschen Einheit als Hauptgrund für die Einführung des Solidaritätszuschlags thematisiert. Als im Jahr 1995 die Dauerhaftigkeit des Solidaritätszuschlags beschlossen wurde, wurde die Finanzierung der Kosten der Deutschen Einheit als Grund benannt.
2. Warum Solidaritätszuschlag? Hintergründe zur Einführung und zur veränderten Höhe des Soli
Die ersten drei Monate des Jahres 1991 waren durch die Ereignisse des Zweiten Golfkrieges gekennzeichnet. Die Kosten für den Zweiten Golfkrieg wurden zu einem größeren Teil von von Deutschland getragen. Es handelte sich um eine resultierende Mehrbelastung in Höhe von 16,9 bis 18 Milliarden DM, je nach Zählung.
Die Regierungsfraktion nahm an, durch die Einführung eines Zuschlags - dem Solidaritätszuschlag - zusätzliche Einnahmen in Höhe von 22 Milliarden DM generieren zu können. Vor diesem Kontext ergibt sich die Ankündigung der Befristung auf ein Jahr: Der Golfkrieg schien abgeschlossen, die Finanzierung war in Form einer einmaligen Erhebung möglich.
Zugleich wurden jedoch weitere finanzielle Belastungen angeführt, wie die Unterstützung von Ländern in Mittel-, Ost- und Südeuropa sowie der Aufbau der neuen Bundesländer.
Die Höhe des Solidaritätszuschlags hat sich in den ersten Jahren relativ zügig gewandelt. Für 1991 und 1992 erfolgte die Berechnung jeweils nur für ein Halbjahr:
- 1991: 7,5 % (von der ermittelten Einkommens- und Körperschaftssteuer zusätzlich von Steuerzahler zu entrichten) im 2. Halbjahr, was einem effektiven Satz von 3,75 Prozent entspricht
- 1992: 7,5 % im 1. Halbjahr, was einem effektiven Satz von 3,75 Prozent entspricht
- 1993: keine Berechnung des Solidaritätszuschlags
- 1994: keine Berechnung des Solidaritätszuschlags
- 1995: 7,5 %
- 1996: 7,5 %
- 1997: 7,5 %
- 1998 bis 2020: 5,5 %
- Seit 1. Januar 2021:
Rund 90 Prozent der Lohn- und Einkommensteuerzahler*innen werden vollständig von der Zahlung des Solis befreit, weitere 6,5 Prozent zahlen weniger.
Wer zahlt (nun noch) Solidaritätszuschlag? Seit 2021 gilt für die Erhebung eine Freigrenze mit Gleitzone (Körperschaftssteuer und Kapitalertragsteuer wird der Soli weiter ohne Berücksichtigung einer Freigrenze erhoben), Kinderfreibeträge werden ebenfalls berücksichtigt (auch bei Eltern, die Kindergeld bekommen).
- Die Freigrenze
Ab wann Solidaritätszuschlag? Bruttoeinkommen bis etwa 6.004 €/Monat in der Lohnsteuerklasse I (allein Veranlagte) und 11.160 €/Monat in der Lohnsteuerklasse III (zusammen Veranlagte) sind vom Soli befreit. - Die Gleitzone
Oberhalb dieser Grenze liegt der durchschnittliche Solidaritätszuschlagssatz zunächst unter 5,5 % (bezogen auf den fälligen Steuerbetrag) und erreicht erst bei etwa 9.000 €/Monat (Lohnsteuerklasse I) oder 17.000 €/Monat (Lohnsteuerklasse III) diesen Höchstsatz von 5,5 %.
3. Wie wird der Solidaritätszuschlag berechnet?
Die Höhe der als Solidaritätszuschlag zu zahlenden Beträge richtet sich nach der Einkommens- und Körperschaftssteuer. Von der Einkommens- und Körperschaftssteuer wird ein Anteil von 5,5 Prozent als Solidaritätszuschlag berechnet und ist zusätzlich zu begleichen.
Laut Artikel 106 Absatz 1 Nr. 6 GG fällt der Solidaritätszuschlag dem Bund zu. Die Berechnungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag ist in § 4 SolzG geregelt. Eine Freigrenze existiert für die Erhebung auf die Lohn- und Einkommenssteuer, jedoch nicht bei der Erhebung auf die Kapitalertragssteuer. Kinderfreibeträge werden bei der Berechnung des der Einkommenssteuer zugrunde liegenden Einkommens berücksichtigt, unabhängig von der Frage, ob die Eltern Kindergeld bezogen haben.
4. Wie sieht die Zukunft des Solidaritätszuschlags aus?
Olaf Scholz legte in seiner Funktion als Finanzminister im Jahr 2019 einen Gesetzesentwurf vor, der die schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags beinhaltete. Begonnen werden sollte hiermit demnach im Jahr 2021, indem für einen Großteil der Bürger und Bürgerinnen der Solidaritätszuschlag entfallen solle.
Die vollständige Abschaffung erfolgt deshalb nicht direkt, da dies einen Wegfall von Einnahmen in Höhe von rund 11 Milliarden Euro zur Folge hätte. Im November 2019 hat der Bundestag diesem Gesetzesentwurf zugestimmt.
4.1. Wichtige Änderungen zum 1. Januar 2021
Mit Stichtag 1. Januar 2021 sind einige Änderungen wirksam geworden. Die resultierende aktuelle Rechtslage weist folgende zentrale Punkte auf:
- Die Erhebung des Solidaritätszuschlags erfolgt erst, wenn die Einkommenssteuer mehr als 1.413 Euro pro Monat beträgt. Bei Zusammenveranlagung liegt diese Grenze bei mehr als 2.826 Euro. Auf das jährlich zu versteuernde Einkommen ist eine Freigrenze von exakt 62.127 Euro definiert. Verheiratete erhalten mit 124.255 Euro eine doppelt so hohe Freigrenze.
- Der Freigrenze schließt sich die Gleitzone an. Innerhalb dieser Gleitzone beträgt der Grenzsteuersatz 11,9 Prozent. Oberhalb der Gleitzone sinkt der Grenzsteuersatz auf 5,5 Prozent.
- Liegt das Bruttoeinkommen in der Lohnsteuerklasse III bei höchstens 11.160 Euro pro Monat, dann müssen die Steuerpflichtigen keinen Solidaritätsbeitrag bezahlen. In der Lohnsteuerklasse I bleibt das Bruttomonatseinkommen bis zu einem Betrag von 6.004 Euro frei von der Berechnung des Solidaritätszuschlags. Übersteigt das Bruttoeinkommen diese Grenzwerte, dann stellt sich erst ab einem Monatsbruttoeinkommen von 9.000 Euro in der Lohnsteuerklasse I und einem Monatsbruttoeinkommen von 17.000 Euro in der Lohnsteuerklasse III der Höchstsatz von 5,5 Prozent ein.
- Haben Steuerpflichtige zwei Kinder und sind sie der Lohnsteuerklasse III zugeordnet, dann wird der Solidaritätszuschlag erst bei einem Monatsbruttoeinkommen von mindestens 12.360 Euro berechnet.
5. Wird der Solidaritätszuschlag tatsächlich für die Kosten der Deutschen Einheit verwendet?
Es besteht für den deutschen Staat keine gesetzliche Verpflichtung, die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag für einen bestimmten Zweck zu verwenden – der Solidaritätszuschlag ist also nicht zweckgebunden.
Somit ist die Verwendung der Einnahmen für allgemeine Zwecke möglich. Diese Begebenheit verbunden mit der mittlerweile weitestgehend erfolgten finanziellen Angleichung von ostdeutschen und westdeutschen Bundesländern ruft Kritik hervor.
Die Forderung besteht, der Solidaritätszuschlag solle nicht in der aktuellen Form weitergeführt werden, da der ursprüngliche Zweck nicht mehr gegeben ist.
6. Kommt eine Neuauflage beziehungsweise Verlängerung des Solidaritätszuschlags?
Wann kommt die Abschaffung vom Solidaritätszuschlag? Womöglich so schnell nicht...
Auf dem 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt am Main sprach sich Olaf Scholz dafür aus, den Solidaritätszuschlag für die Bewältigung der aus der Corona-Pandemie resultierten Kosten zu verwenden. Zwar zahlen aktuell rund 90 Prozent der Bürger und Bürgerinnen keinen Solidaritätszuschlag mehr – vor allem Spitzenverdiener müssen jedoch noch entsprechende Beiträge aufwenden.
Es wäre somit denkbar – so die Forderung von Olaf Scholz – die aus dem Solidaritätszuschlag verbliebenen Einnahmen für die Rückzahlung von Krediten zu verwenden, die während der Zeit der Corona-Pandemie aufgenommen worden sind.
Für das Jahr 2026 werden hier Kredit-Rückzahlungen in Höhe von etwa 18 Milliarden Euro erwartet. Obgleich die Finanzierung im Wesentlichen durch ein gesteigertes Wachstum bewältigt werden soll, sei es laut Olaf Scholz erforderlich, dass Menschen, die über ein hohes Einkommen verfügen, einen entscheidenden Beitrag leisten. Dieser Beitrag könnte in Form des Fortbestandes des Solidaritätszuschlags umgesetzt werden.
Die Zukunft des Solidaritätszuschlags ist und bleibt somit vorerst umstritten – einige Fragen aber auch Möglichkeiten sind weiterhin (bis zur endgültigen Klärung) offen. Für die aktuelle Berechnung des Solidaritätszuschlags sind Voraussagen für dessen Zukunft dabei erst einmal nicht von Bedeutung. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit hier weitere Schritte für Steuerzahler und Steuerzahlerinnen zu erwarten sind.
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