Was zählt zu den gesetzlichen Sozialleistungen in Deutschland?

Jeder Mensch kann irgendwann einmal im Leben in eine Schieflage geraten – Jobverlust, plötzliche Krankheit oder familiäre Herausforderungen klopfen schließlich nicht höflich an, sondern kommen meist völlig unverhofft. Genau hier springen gesetzliche Sozialleistungen ein und fangen uns auf, bevor es brenzlig wird. In diesem Artikel erfahren Leserinnen und Leser ganz konkret, welche staatlichen Hilfen es in Deutschland gibt, wer Anspruch hat und wie sich diese unkompliziert beantragen lassen – denn jeder sollte wissen, welche Türen einem offenstehen, wenn es hart auf hart kommt.

Stapel von Münzen

Kurz zusammengefasst

  • Gesetzliche Sozialleistungen: Staatliche Hilfen zur Sicherung der Existenz und Förderung sozialer Gerechtigkeit, sowohl beitragsfinanziert (Versicherungen) als auch steuerfinanziert (Transferleistungen).
  • Beitragsfinanziert: Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung bieten Absicherung in Notlagen wie Krankheit, Alter oder Jobverlust.
  • Steuerfinanziert: Elterngeld, Kindergeld, Wohngeld, Bürgergeld, Sozialhilfe und BAföG entlasten Familien, Arbeitslose, Studierende und finanziell Bedürftige.
  • Beantragung: Zuständige Stellen sind Krankenkassen, Rentenversicherung, Agentur für Arbeit, Sozialämter und örtliche Behörden. Unterstützung bei der Antragsstellung ist verfügbar.

Details und Erläuterungen zu allen Punkten im weiteren Artikel.

Überblick der Sozialleistungen mit Umfrage

Welche der Sozialleistungen haben Sie schon einmal in Anspruch genommen?

Es gibt viele verschiedene Sozialleistungen – welche davon haben Sie für sich oder Ihre Familie schon in Anspruch genommen?

 

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Die bisherigen Stimmen:

Kindergeld 19 Stimmen
Sozialhilfe 17 Stimmen
Wohngeld 16 Stimmen
Leistungen von der Krankenversicherung 15 Stimmen
Krankengeld 14 Stimmen
Arbeitslosengeld I 12 Stimmen
Leistungen von der Pflegeversicherung 9 Stimmen
Ausbildungsförderung (Bafög) 9 Stimmen
Elterngeld (Erziehungshilfe) 8 Stimmen
Bürgergeld (bzw. früher Arbeitslosengeld II / Hartz IV) 7 Stimmen
Mutterschaftsgeld 7 Stimmen
Hilfe für Behinderte 7 Stimmen
Förderung durch die Künstlersozialversicherung 4 Stimmen
Leistungen von der Unfallversicherung 4 Stimmen
Kriegs- und Kriegsfolgeleistungen 2 Stimmen
Unterhaltsvorschuss 1 Stimme
Kinder- und Jugendhilfe 1 Stimme

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Was genau sind gesetzliche Sozialleistungen?

Unter gesetzlichen Sozialleistungen versteht man staatlich organisierte und garantierte Hilfen, die darauf abzielen, soziale Gerechtigkeit und eine finanzielle Absicherung für alle Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Dabei handelt es sich nicht nur um Geldleistungen, sondern auch um Sach- und Dienstleistungen, die in bestimmten Lebenslagen greifen.

Zu den bekanntesten Sozialleistungen zählen etwa die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Renten- und Unfallversicherung. Doch es gibt noch viele weitere Formen, etwa Kindergeld, Elterngeld oder Sozialhilfe. Fakt ist: Jeder Mensch in Deutschland nimmt im Laufe seines Lebens – bewusst oder unbewusst – gesetzliche Sozialleistungen in Anspruch.

Im Folgenden betrachten wir genauer, welche Formen der Sozialleistungen existieren und unterscheiden dabei zwischen beitragsfinanzierten und steuerfinanzierten Leistungen.

Beitragsfinanzierte Sozialleistungen: Ein Geben und Nehmen

Die beitragsfinanzierten Sozialleistungen umfassen insbesondere folgende Versicherungen:

  • Krankenversicherung
    Sie ist eine Pflichtversicherung, in die ausnahmslos alle Beschäftigten einzahlen müssen. Ein praktisches Beispiel ist das Krankengeld: Wird man länger krank, erhält man nach sechs Wochen Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber anschließend Krankengeld von der Krankenkasse. Selbstständige und Angestellte ab einem bestimmten Einkommen können sich privat krankenversichern.
  • Pflegeversicherung
    Wer plötzlich pflegebedürftig wird, erhält Unterstützung aus der Pflegeversicherung. Dies umfasst etwa Sachleistungen wie Pflegehilfsmittel oder Pflegedienste, die den Alltag erleichtern und die Angehörigen entlasten.
  • Rentenversicherung
    Jeder Arbeitnehmer zahlt monatlich in die Rentenkasse ein, um später selbst eine Altersrente zu erhalten. Dieses sogenannte Generationenprinzip sorgt dafür, dass heutige Arbeitnehmer die Rente der derzeitigen Rentnergeneration finanzieren – und später von der nächsten Generation unterstützt werden.
    Zudem gibt es die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die eine wichtige staatliche Leistung für Personen mit unzureichendem Einkommen im Alter oder bei dauerhafter Erwerbsminderung darstellt.
  • Arbeitslosenversicherung
    Die Arbeitslosenversicherung unterstützt bei Jobverlust und zahlt zunächst Arbeitslosengeld I. Das Geld stammt aus Beiträgen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber monatlich zahlen. Das Besondere: Diese Versicherung finanziert zudem Maßnahmen der Agentur für Arbeit, etwa Fortbildungen oder Umschulungen.
  • Unfallversicherung
    Diese Versicherung wird vollständig vom Arbeitgeber finanziert und springt ein, wenn man sich bei der Arbeit verletzt oder beruflich erkrankt. Sie deckt Behandlungskosten, übernimmt die Reha und finanziert gegebenenfalls auch Umschulungen.

Außerdem fallen unter beitragsfinanzierte Sozialleistungen auch besondere Zahlungen wie Mutterschaftsgeld oder Feiertagszuschläge, die der Arbeitgeber verpflichtend als Lohnersatzleistungen auszahlt.

Steuerfinanzierte staatliche Sozialleistungen

Neben den beitragsfinanzierten Leistungen gibt es zahlreiche Hilfen, die direkt aus Steuermitteln finanziert werden. Dazu zählen:

  • Kindergeld
    Alle Eltern erhalten Kindergeld für ihre Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Absolviert das Kind eine Ausbildung oder ein Studium, verlängert sich der Bezug bis maximal zum 25. Lebensjahr. Das Kindergeld trägt dazu bei, die laufenden Lebenshaltungskosten der Familie zu stemmen.
  • Elterngeld
    Das Elterngeld unterstützt Eltern, die ihr Kind nach der Geburt zuhause betreuen möchten. Die Höhe richtet sich dabei nach dem vorherigen Einkommen, wobei besonders Geringverdiener prozentual stärker profitieren. Beantragt wird Elterngeld direkt nach der Geburt bei der zuständigen Elterngeldstelle.
  • Wohngeld
    Wohngeld gibt es, wenn das Einkommen nicht ausreicht, um die Wohnkosten allein zu tragen. Dabei werden Faktoren wie Haushaltsgröße, Einkommen, Mietkosten und Wohnungsgröße berücksichtigt. Zuständig ist hierfür die örtliche Wohngeldstelle.
  • Arbeitslosengeld II (Bürgergeld, ehemals Hartz IV)
    Wer arbeitslos wird und keinen Anspruch (mehr) auf Arbeitslosengeld I hat oder noch nie eingezahlt hat, erhält Bürgergeld. Es sichert den grundlegenden Lebensunterhalt und kann bereits ab 15 Jahren beantragt werden.
  • Kinder- und Jugendhilfe
    Diese Hilfen unterstützen Familien, Jugendliche und junge Erwachsene in schwierigen Lebenslagen. Typische Leistungen sind etwa Erziehungsberatung, Krisenintervention oder Hilfe in Notlagen. Zuständig ist das Jugendamt oder auch gemeinnützige Organisationen wie die Diakonie.
  • BAföG – Ausbildungsförderung
    Studierende oder Azubis, deren Eltern finanziell nicht ausreichend unterstützen können, erhalten BAföG. Die Höhe richtet sich nach dem Einkommen der Eltern und eigenem Einkommen. Der Clou: Nur die Hälfte der gezahlten Summe muss später zurückgezahlt werden.
  • Sozialhilfe
    Gerät jemand dauerhaft in finanzielle Not, greift die Sozialhilfe. Neben der Grundsicherung für Rentner oder Erwerbsgeminderte gibt es auch Hilfen zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten oder zur Sicherung der Lebensgrundlagen. Zuständig ist das örtliche Sozialamt, und für diese Hilfen ist lediglich eine Meldung der Bedürftigkeit nötig – separate Anträge sind meist nicht erforderlich.

Ist Sozialhilfe und Bürgergeld das gleiche?

Antwort: Nein. Das Bürgergeld ist die Grundsicherung für Erwerbsfähige deutsche Staatsangehörige. Sozialhilfe wird für Menschen gewährt, die nicht arbeiten können. Beide Personengruppen bekommen aber in der Regel gleich viel Geld.

Weitere Sozialleistungen in der Übersicht

Bildung und Teilhabe (BuT)

Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) ermöglicht Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien die Teilnahme an schulischen und sozialen Aktivitäten. Dazu zählen:

  • Zuschüsse für Schulbedarf (Schulmaterialien, Taschenrechner, Sportausrüstung)
  • Übernahme von Kosten für Klassenfahrten und Ausflüge
  • Finanzierung von Nachhilfeunterricht
  • Zuschüsse zum Mittagessen in Schule oder Kita
  • Mitgliedsbeiträge für Sportvereine, Musikschulen oder kulturelle Aktivitäten

Die Beantragung erfolgt in der Regel beim Jobcenter, Sozialamt oder der zuständigen Kommune.

Schwerbehindertenausweis und Nachteilsausgleiche

Personen mit Behinderungen haben Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis, der verschiedene Nachteilsausgleiche mit sich bringt. Dazu gehören:

  • Steuerliche Erleichterungen (z. B. Pauschbeträge, Kraftfahrzeugsteuerermäßigung)
  • Freifahrten im öffentlichen Nahverkehr
  • Vergünstigungen beim Eintritt in kulturelle Einrichtungen
  • Kündigungsschutz am Arbeitsplatz
  • Erleichterungen bei Arbeitszeiten und Urlaubsansprüchen

Der Ausweis wird beim örtlichen Versorgungsamt beantragt und nach Grad der Behinderung (GdB) vergeben.

Erwerbsminderungsrente

Die Erwerbsminderungsrente schützt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten können. Sie setzt voraus, dass Versicherte bereits mehrere Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Je nach Einschränkung unterscheidet man zwischen:

  • Teilweiser Erwerbsminderungsrente (weniger als sechs Stunden täglich arbeitsfähig)
  • Voller Erwerbsminderungsrente (weniger als drei Stunden täglich arbeitsfähig)

Die Antragstellung erfolgt bei der Deutschen Rentenversicherung.

Rehabilitationsmaßnahmen („Reha“)

Wer nach einer Krankheit oder einem Unfall Unterstützung benötigt, um wieder arbeitsfähig zu werden, kann sogenannte Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen. Dazu zählen unter anderem:

  • Medizinische Rehabilitation (z. B. stationäre Kuraufenthalte oder ambulante Reha-Therapien)
  • Berufliche Rehabilitation (Umschulungen, Weiterbildungen, Arbeitsplatzanpassungen)

Die Finanzierung übernehmen, je nach Situation, Rentenversicherung, Unfallversicherung oder die Krankenkasse.

Leistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber

Asylbewerberleistungen unterstützen Menschen während ihres laufenden Asylverfahrens. Dazu zählen unter anderem:

  • Sach- oder Geldleistungen für Unterkunft, Ernährung und Kleidung
  • Zugang zu medizinischer Grundversorgung
  • Unterstützung bei besonderen Lebenslagen wie Schwangerschaft oder Pflegebedürftigkeit

Die zuständige Stelle ist das Sozialamt der jeweiligen Kommune oder das Landratsamt.

Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende

Der Unterhaltsvorschuss hilft alleinerziehenden Elternteilen, wenn der andere Elternteil seinen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nur teilweise nachkommt. Der Staat zahlt dann monatlich einen Vorschuss auf den Kindesunterhalt, bis maximal zum 18. Lebensjahr des Kindes. Beantragt wird die Leistung beim örtlichen Jugendamt.

Betreuungsgeld und Landeserziehungsgeld

Einige Bundesländer bieten zusätzlich spezielle Leistungen für Eltern an, etwa das Landeserziehungsgeld, das Familien finanziell unterstützt, die ihr Kind auch nach Ablauf des regulären Elterngeldbezugs zuhause betreuen möchten. Die Voraussetzungen und Bedingungen variieren je nach Bundesland, weshalb eine Beratung bei den örtlichen Behörden empfohlen wird.

Ehrenamtspauschale und Übungsleiterpauschale

Um ehrenamtliches Engagement zu fördern, gibt es steuerfreie Pauschalen:

  • Ehrenamtspauschale (bis zu 840 Euro jährlich für ehrenamtliche Tätigkeiten)
  • Übungsleiterpauschale (bis zu 3.000 Euro jährlich für Trainerinnen und Trainer, Ausbilder, Übungsleiter oder Dozenten)

Diese Pauschalen müssen nicht beantragt werden, sondern werden über die jährliche Steuererklärung geltend gemacht.

Typische Irrtümer über Sozialleistungen in Deutschland

Rund um das Thema Sozialleistungen in Deutschland ranken sich zahlreiche Mythen, Missverständnisse und Halbwahrheiten, die oft zu Unsicherheiten führen. Viele Menschen verzichten deshalb sogar darauf, berechtigte Ansprüche geltend zu machen – und das wäre nun wirklich schade. Damit Sie hier Klarheit gewinnen und keine wichtigen Chancen verpassen, räumen wir im Folgenden einmal gründlich mit den häufigsten Irrtümern auf.

Nur Arbeitslose erhalten Sozialleistungen – stimmt das?

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Sozialleistungen nur für Menschen gedacht sind, die arbeitslos oder finanziell bedürftig sind. Doch genau das ist nicht korrekt. In Wahrheit profitieren fast alle Bürgerinnen und Bürger irgendwann einmal von staatlichen Leistungen – und das unabhängig vom Einkommen.

Denken Sie nur einmal an das Kindergeld, das völlig unabhängig davon gezahlt wird, wie viel Sie verdienen. Selbst gutverdienende Eltern erhalten regelmäßig Kindergeld bis zum 18. oder sogar 25. Lebensjahr des Kindes, wenn dieses noch in Ausbildung oder Studium ist. Gleiches gilt beispielsweise für die gesetzliche Krankenversicherung oder auch die Rentenversicherung, die jeder Arbeitnehmer durch seine Beiträge nutzt und die später auch jedem zusteht.

„Elterngeld ist nur für Geringverdiener“ – ein weit verbreiteter Mythos

Ein weiterer verbreiteter Mythos betrifft das Elterngeld. Oft hört man, Elterngeld gäbe es nur für Geringverdiener, doch weit gefehlt: Gerade beim Elterngeld profitieren oft sogar Personen mit mittleren und höheren Einkommen besonders stark – weil es sich am vorherigen Einkommen orientiert.

Das Basiselterngeld beträgt zwischen 65 und 67 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens, gedeckelt bei 1.800 Euro monatlich. Gerade Eltern, die vor der Geburt gut verdient haben, können hier hohe Beträge erhalten. Natürlich gibt es auch einen Mindestbetrag von 300 Euro, den jeder erhält, der vorher kein oder ein nur geringes Einkommen hatte. Doch grundsätzlich richtet sich das Elterngeld gerade nicht nur an Geringverdiener, sondern ausdrücklich an alle Eltern, um Familien finanziell zu entlasten.

„Sozialhilfe und Bürgergeld sind dasselbe“ – der feine Unterschied

Wir haben es oben schon kurz erläutert: Immer wieder werden Sozialhilfe und Bürgergeld (früher: Arbeitslosengeld II oder Hartz IV) miteinander verwechselt oder gar gleichgesetzt. Auch hier lohnt sich ein genauer Blick, denn die beiden Sozialleistungen unterscheiden sich deutlich voneinander:

  • Bürgergeld erhalten Menschen, die grundsätzlich erwerbsfähig sind, aber aktuell kein ausreichendes Einkommen erzielen. Es soll explizit helfen, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen und finanziert unter anderem Weiterbildungen und Umschulungen.
  • Sozialhilfe dagegen richtet sich an Menschen, die aus gesundheitlichen oder anderen Gründen dauerhaft oder langfristig nicht mehr arbeiten können. Diese Leistung soll vor allem Existenzängste nehmen und langfristig unterstützen.

Die Unterscheidung ist wichtig, denn sie bestimmt nicht nur die Höhe der Zahlungen, sondern auch die konkreten Hilfsangebote.

„BAföG muss immer komplett zurückgezahlt werden“ – ein teurer Irrtum

Viele Studierende scheuen sich davor, BAföG in Anspruch zu nehmen, weil sie befürchten, später einen riesigen Schuldenberg anzuhäufen. Doch dies ist ein weiterer Mythos, der dringend korrigiert werden muss. BAföG ist ein staatliches Förderprogramm, bei dem tatsächlich nur die Hälfte der erhaltenen Summe zurückgezahlt werden muss – und das sogar zinsfrei.

Obendrein ist die Rückzahlung gedeckelt: Maximal 10.010 Euro müssen zurückgezahlt werden, unabhängig davon, wie viel Sie insgesamt erhalten haben. Auch gibt es großzügige Stundungsmöglichkeiten, falls Sie einmal in finanziellen Schwierigkeiten stecken sollten. BAföG ist also eine deutlich attraktivere Möglichkeit, das Studium oder die Ausbildung zu finanzieren, als viele glauben.

„Wer Wohngeld bekommt, ist auf Sozialhilfe angewiesen“ – ein missverständliches Vorurteil

Immer noch glauben einige Menschen, dass Wohngeld mit einer Bedürftigkeit im Sinne einer Sozialhilfe gleichzusetzen ist. Tatsächlich handelt es sich beim Wohngeld aber um einen Zuschuss zu den Miet- oder Wohnkosten, der gerade auch Berufstätigen mit niedrigem Einkommen offensteht. Das Wohngeld richtet sich an Personen, deren Einkommen zwar ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, aber für hohe Mietkosten nicht ganz genügt.

Es lohnt sich daher durchaus, Wohngeld auch als berufstätige Person zu beantragen. Die Unterstützung richtet sich nicht ausschließlich an Menschen, die vollständig auf staatliche Unterstützung angewiesen sind – ganz im Gegenteil, es ist eine Art Hilfestellung, um gerade nicht in eine tiefergehende finanzielle Abhängigkeit zu geraten.

„Sozialleistungen gibt es automatisch“ – leider nein!

Immer wieder ist die Annahme verbreitet, dass Sozialleistungen automatisch bewilligt und ausgezahlt werden. Doch die Wahrheit sieht anders aus: Fast alle Leistungen, egal ob Elterngeld, Kindergeld, Wohngeld, Bürgergeld oder BAföG, müssen beantragt werden – und das ausdrücklich. Ohne Antrag keine Leistung!

Das bedeutet konkret für Sie: Informieren Sie sich aktiv, füllen Sie Anträge gewissenhaft aus und stellen Sie diese frühzeitig bei den zuständigen Stellen. So vermeiden Sie lange Wartezeiten und gehen sicher, dass Sie auch wirklich die Unterstützung erhalten, die Ihnen gesetzlich zusteht.

„Rentner bekommen keine Sozialleistungen“ – ein weit verbreiteter Trugschluss

Oft glauben ältere Menschen, dass sie nach Eintritt in die Rente keine Sozialleistungen mehr beanspruchen dürfen. Doch gerade hier stehen sogar zahlreiche Leistungen bereit. So existiert die Grundsicherung im Alter, eine Art Sozialhilfe speziell für Rentner, deren Rente nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.

Zusätzlich können Rentner auch Wohngeld beantragen oder von Hilfen zur Pflege profitieren. All diese Leistungen sind nicht an Erwerbstätigkeit gebunden, sondern ausdrücklich dafür da, älteren Menschen das Leben zu erleichtern und eine würdige Lebensführung im Alter zu ermöglichen.

Sozialleistungen sind kein Almosen, sondern ein Recht

Fakt ist also: Sozialleistungen in Deutschland sind kein Almosen oder eine milde Gabe. Vielmehr handelt es sich um gesetzlich verankerte Ansprüche, die Ihnen zustehen und deren Nutzung absolut legitim und gesellschaftlich akzeptiert ist. Sich frühzeitig und umfassend zu informieren ist dabei entscheidend – nicht nur, um finanzielle Engpässe zu vermeiden, sondern auch, um mögliche Vorurteile auszuräumen.

Seien Sie also nicht schüchtern, Ihre Rechte wahrzunehmen, und nutzen Sie diese staatlichen Hilfen, denn genau dafür sind sie da. Lassen Sie sich außerdem bei Unsicherheiten gerne beraten, denn auch hierfür gibt es zahlreiche Anlaufstellen, die Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Auf der anderen Seite gilt genauso: Nutzen Sie das System nicht unberechtigterweise aus. Beispiel: Wenn der Anspruchsgrund entfällt, sollten Sie sofort das zuständige Amt darüber informieren. Oder: Keine Vermögenswerte verschleiern, wenn diese dem Anspruch entgegenstehen würden. Oder sich kränker stellen als Sie sind. All dies sind leider bei einigen Menschen beliebte Tricks, um sich Leistungen zu erschleichen. Sie schaden damit der Gemeinschaft und am Ende vermutlich auch sich selbst - denn die Selbstachtung dürfte bei vielen Menschen unter solchen Schwindeleien leiden.

trenner blanko

Ergänzungen und Fragen von Leser:innen

  • Widerspruch gegen den Sozialhilfebescheid
    Frage: Kann man Einspruch erheben gegen die erhaltene Höhe der Sozialhilfe?
    Antwort geld-welten.de: Ja. Der Widerspruch gegen den Beschid ist schriftlich innerhalb eines Monats bei der ausstellenden Behörde einzureichen. Details dazu unter betanet.de/widerspruch-im-sozialrecht.html.
  • Wer zahlt Heimkosten?
    Frage: Wenn die Sozialhilfe nicht ausreicht, die Heimkosten mit Eigenmitteln zu begleichen, was dann?
    Antwort geld-welten.de: Zunächst werden laufende Einnahmen (inklusive Leistungen der Pflegekasse, Rente etc.) und Vermögen (bis auf ein Schonvermögen von 5.000 €) der zu pflegenden Person herangezogen. Reicht dies nicht aus, müssen Angehörige einen Teil der Kosten übernehmen (aber erst, wenn diese über mehr als 100.000 € Jahreseinnahmen verfügen, bei Selbstständigen wird dabei das Mittel der letzten drei Jahre zugrunde gelegt), verbleibende Kosten trägt das Sozialamt und die Pflegekasse.
  • Wann steht mir Bürgergeld zu?
    Bürgergeld erhält, wer erwerbsfähig ist und seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder eigenem Vermögen bestreiten kann. Zudem muss gelten, dass andere, vorrangige Leistungen wie Arbeitslosengeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag nicht ausreichen. Anders gesagt: Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe hatte, kann nun Bürgergeld bekommen.

Muss man bei Wohngeld sowie Pflegestufe GEZ bezahlen?
Bei Anspruch auf einige Sozialleistungen kann man sich von der GEZ befreien lassen. Diese wären:

  • Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder Hilfe zur Pflege als Leistung der Kriegs­opfer­für­sorge nach dem BVG
  • Pflege­zulagen nach dem Lasten­ausgleichs­gesetz
  • Personen, denen wegen Pflege­bedürftigkeit ein Frei­betrag zuerkannt wird 
  • Pflege­geld nach landes­gesetz­lichen Vor­schriften
  • Bürger­geld (früher Arbeits­losen­geld II oder Sozial­geld) ein­schließ­lich Leistun­gen nach § 22 Sozial­gesetz­buch (SGB) II 
  • Hilfe zum Lebens­unter­halt nach dem SGB XII (3. Kapitel) sowie nach dem Bundes­ve­rsorgungs­gesetz 
  • Grund­sicherung im Alter und bei Erwerbs­min­derung
  • Leistun­gen nach dem Bundes­ausbildungs­förderungs­gesetz (BAföG), ev. auch bei Ablehnung wegen Zweitstudium, Berufs­aus­bildungs­beihilfe, Ausbildungs­geld nach §§ 122ff. SGB III, wenn man nicht bei den Eltern wohnt
  • Leistun­gen nach dem Asyl­bewerber­leistungs­gesetz
  • Blinden­hilfe
  • Voll­jährige, die im Rahmen einer Leistungs­gewährung in einer stationären Ein­richtung leben

Aber nicht bei allen. Anspruchsberechtigte von Arbeitslosengeld I, Wohngeld oder Übergangsgeld können sich nicht befreien lassen.

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trenner blanko

Fazit: Jeder kann auf Sozialleistungen bauen!

In Deutschland existieren vielfältige Sozialleistungen, die helfen, finanzielle Notlagen zu überbrücken oder dauerhaft abzufedern. Ob als Arbeitnehmer, Familienmitglied, Rentner, Student oder in Arbeitslosigkeit – niemand muss sich schämen, auf solche Hilfen zurückzugreifen. Im Gegenteil: Diese Unterstützungen wurden genau dafür geschaffen, jedem ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Und denken Sie immer daran: Sozialleistungen sind keine Almosen, sondern gesetzlich geregelte Ansprüche. Fast jeder nimmt sie früher oder später in Anspruch – und das ist völlig normal und akzeptiert. Wenn Sie sich unsicher sind, welche Hilfen Ihnen konkret zustehen, wenden Sie sich vertrauensvoll an die zuständigen Behörden oder Beratungsstellen. Dort unterstützt man Sie gerne – auch beim Ausfüllen komplizierter Anträge. Denn genau dafür gibt es dieses soziale Sicherungsnetz.

trenner blanko

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Zum Schluss: interessante Fakten zum Thema Sozialleistungen

  1. Kindergeld-Tradition: Das deutsche Kindergeld gibt es bereits seit 1936 – allerdings zunächst nur für kinderreiche Familien, ab fünf Kindern aufwärts. Heute erhält man es schon ab dem ersten Sprössling.
  2. Sozialversicherungsnummer fürs Leben: Die deutsche Rentenversicherungsnummer begleitet jede Person ein Leben lang – einmal vergeben, wird sie sogar über den Tod hinaus für die Hinterbliebenenrente verwendet.
  3. Kaffee als Sozialleistung: Bis in die 1990er Jahre erhielten Arbeitslose tatsächlich staatlich bezuschussten „Behördenkaffee“ in den Arbeitsämtern – wohl um die Stimmung beim Warten aufzuhellen.
  4. BAföG auch fürs Ausland: Mit BAföG lässt sich nicht nur im Inland, sondern in vielen Fällen auch ein Studium im Ausland finanzieren – eine wertvolle Möglichkeit, über den Tellerrand zu schauen, ohne finanziell baden zu gehen.
  5. Krankenversicherungspflicht seit 2009: Erst seit 2009 besteht in Deutschland eine allgemeine Pflicht zur Krankenversicherung. Vorher waren tatsächlich einige Menschen ohne jeglichen Krankenversicherungsschutz unterwegs.
  6. „Hartz IV“ heißt nicht offiziell „Hartz IV“: Der Begriff „Hartz IV“ wurde niemals offiziell eingeführt, sondern stammt umgangssprachlich vom Namen des VW-Managers Peter Hartz, der die Arbeitsmarktreformen verantwortete. Offiziell hieß es „Arbeitslosengeld II“, heute Bürgergeld.
  7. Die älteste Sozialleistung der Welt: Die erste staatliche Sozialleistung überhaupt wurde bereits im alten Rom ausgezahlt – das „Cura Annonae“, eine Art Getreideverteilung an ärmere Bürger, existierte seit dem 2. Jahrhundert vor Christus.

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter Bödeker hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und bei einem Kapitalanlageunternehmen (für geschlossene Fonds) ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten.

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